Junglandwirte auf Exkursion in den Niederlanden

Das Grünlandzentrum Niedersachsen/Bremen und die BBS Varel sind mit 30 interessierten Junglandwirten und Junglandwirtinnen aus Ostfriesland und der Wesermarsch am 07.06.23 für 3 Tage in die Niederlande gefahren. Im Fokus der Exkursion stand der Austausch über innovative Ansätze, Best-Practice-Beispiele und Herausforderungen in den Bereichen Grünlandnutzung, Weidemanagement, Rinderhaltung und Klimaanpassung. Das vielfältige Programm bot dabei Input und Austauschmöglichkeiten sowohl auf wissenschaftlicher als auch auf praktischer Ebene.

Einblicke in die niederländische Praxis konnten zum Beispiel auf dem Milchviehbetrieb der Familie Lugtenberg gewonnen werden, die sich auf die Zucht und den Verkauf des Maas-Rhein-Ijsselvieh (MRIJ) spezialisiert hat. Diese Doppelnutzungsrasse ist bei Züchtern für hohe Milch-Eiweißgehalte, gute Fett-Eiweiß-Verhältnisse, eine robuste Körperstatur und gute Fruchtbarkeit bekannt. Außerdem liegt das Durchschnittsalter der Kühe auf diesem Hof mit 8,3 Jahren deutlich höher als bei anderen Rassen.

Ebenfalls praxisbezogen war der Besuch des Kälbermastbetriebs der Alpuro Breeding, auf dem die Junglandwirte Informationen rund um die Produktion von Rosé-Fleisch erfragen und erfahren konnten. Alpuro Breeding ist Teil der VanDrie Group, einem der weltweit führenden Anbieter und Produzenten von Kalbsfleisch. Die VanDrie Group deckt mit den Tochterunternehmen die gesamte Wertschöpfungskette von Kälbermast über Schlachtereien bis hin zur Fleischproduktion und Weiterverarbeitung der Kalbshaut ab.

Auf dem Versuchsbetrieb Dairy Campus in Leeuwarden, der als landesweites Forschungs- und Praxiszentrum für die Milchwirtschaft dient, werden Studien zum Methanausstoß bei Weidegang betrieben. Einen Unterschied macht dabei u. a. die Art der Futteraufnahme: Während Kühe im Stall gemähtes Frischgras nicht selektieren können, suchen sie sich auf der Weide leichter verdauliches Gras und stoßen somit weniger Methan aus. Auch der Einfluss der Pflanzenarten auf die Gasemissionen wird erforscht. Eine weitere Versuchsstation sieht die Eindickung von Milch zu Transportzwecken vor. Dabei werden Wasser und Milch mithilfe eines Filtersystems getrennt, sodass sich das Milchvolumen um 50 % reduziert. Vorteile dieses Verfahrens, dessen Produkt insbesondere für die Herstellung von Eis, Käse und Joghurt verwendet wird, sind die Reduzierung von Transportmenge, Kühlungsmenge und Lagerkapazitäten sowie die Wiederverwendung des gewonnenen Wassers und damit insgesamt die Energieeinsparung an mehreren Stellen der Wertschöpfungskette.

Wissenschaftliche Impulse zum niederländischen Weidemanagement bekam die Gruppe an der Aeres Hogeschool in Dronten von Agnes van den Pol-van Dasselaar, Professorin für Grünland und Weidehaltung. Dank eines Abkommens sowie weiterer Initiativen hat die Weidehaltung im deutschen Nachbarland seit 2016/2017 wieder zugenommen. Ein Grund dafür könnte das „New Dutch Grazing“-System sein, eine einfache Variante der Paddock-Weide. Für eine optimale Beweidung muss die Graswuchshöhe zwischen 8 und 12 cm liegen. Ist dies nicht mehr gewährleistet, wechseln die Weidetiere den Paddock, der in regelmäßigen Abständen zusätzlich auf eine entsprechende Höhe gemäht wird. Dieses relativ simple System setzt wenig spezifisches Know-how und geringe Ressourcen voraus, sodass es weitflächig getestet und angewendet werden kann.

Im Veenweiden Innovatiecentrum in Zegveld dreht sich alles um die Bewirtschaftung von Moorstandorten. Die Mission des 2012 gegründeten Zentrums ist die Erarbeitung von Lösungsansätzen, die sowohl wirtschaftlich sind, als auch den Anforderungen des Klimaschutzes gerecht werden. Die Ansätze werden in Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis erprobt und beschäftigen sich mit vielfältigen Aspekten – darunter bspw. Pflanzenarten für Moorstandorte, Wasserinfiltrationssysteme und die Verwendung von Kleipartikeln zur Beeinflussung der Bodenbeschaffenheit. Getestet wird nicht nur die Praktikabilität, sondern auch die mit der jeweiligen Methode einhergehenden Emissionen von Kohlenstoffdioxid, Methan und Lachgas. Es wird außerdem die Frage aufgeworfen, ob landwirtschaftliche Produktion wie beispielsweise Milchviehhaltung mit Weidegang auch bei erhöhtem Grundwasserlevel aufrechterhalten werden und wirtschaftlich bleiben kann. Erste Erkenntnisse lassen vermuten, dass die Beweidung von Moorböden mit einem gewissen Grundwasserlevel Vorteile gegenüber nicht beweidetem Grünland bietet: So sorgen Verbiss und Trittspuren der Weidetiere dafür, dass die Grasnarbe dichter wächst und somit die Tragfähigkeit des Bodens gesichert wird. Viele offene Fragen, z. B. inwiefern Standortgegebenheiten, Temperaturen oder Tierrassen Einfluss auf die (Mess-)Ergebnisse haben, werden aktuell noch untersucht und in Kürze veröffentlicht.

Das vielseitige Programm hat unter den Teilnehmenden viel Anklang gefunden. Das Feedback der Junglandwirte fließt im Grünlandzentrum bereits in die Planung der nächsten Exkursion 2024 ein.